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Desinformationen und Polarisierung: EDMO BELUX 2.0 Maßnahmen für Fachleute.

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Das EDMO BELUX-Konsortium wurde zweimal aufgefordert, Fachleute zu unterstützen, die sich mit den Herausforderungen der Desinformation befassen: Beauftragte für Radikalisierungsprävention, Mitarbeiter in Jugendstrafanstalten (IPPJ), mobiles Team, Bezirksvertreter, Streetworker… Die erste Maßnahme fand im Rahmen der Plattform Radikalisierung-Polarisierung von Safe.Brussels (im Oktober 2024) statt, die zweite während des sektorübergreifenden Arbeitstreffens zur Betreuung von Jugendlichen, die von Radikalisierung oder gewalttätigem Extremismus betroffen sind, organisiert von der Fédération Wallonie-Bruxelles. EDMO BELUX, das als Referenz für Desinformationsfragen gilt, hat ein Expertenteam aus Wissenschaftlern und Medienpädagogen zusammengestellt, das sich mit Fachleuten aus der Praxis austauscht.

Am 17. Oktober und am 21. November 2024 wurden Geoffroy Patriarche und Martin Culot von zwei öffentlichen Einrichtungen eingeladen, um jeweils vor etwa dreißig Fachleuten zu sprechen. Die ursprüngliche Anfrage bestand darin, einen Rahmen für das Verständnis von Desinformationen auf sozialen Medienplattformen zu schaffen, die von jungen Menschen genutzt werden. Dieses Thema wird oft als wesentlich für Fachleute angesehen, die damit konfrontiert sind, wie ihre Zielgruppen Nachrichten und Mechanismen erleben, die möglicherweise mit der Desinformation zusammenhängen. In diesem Zusammenhang arbeiteten die UCLouvain Saint-Louis Brüssel und Média Animation – beide Partner von EDMO BELUX – zusammen, um zwei Plenarsitzungen und einen partizipativen Workshop vorzubereiten.

Beitrag von EDMO BELUX: Zwischen akademischer Forschung und Medienerziehung

Diese Gelegenheiten ermöglichten die Entwicklung einer gemeinsamen Präsentation von UCLouvain Saint-Louis Brüssel und Média Animation. Ziel war es, einen recht kompakten Überblick (etwa 30 Minuten) über die Informationspraktiken junger Menschen (woher beziehen sie ihre Informationen?) und die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse über Desinformationen und – im weiteren Sinne – Fehlinformationen zu geben. Ziel war es, den teilnehmenden Fachleuten zumindest ein grundlegendes Verständnis für die Komplexität des Themas zu vermitteln und, was noch wichtiger ist, ihnen zu helfen, die Situationen, denen sie vor Ort begegnen, besser zu verstehen. Ein Koordinator der Radikalismus-Teams in der Region Brüssel erinnerte sich an eine Herausforderung aus dem vergangenen Jahr, die sich um EVRAS drehte: „Einige Eltern sagten mir, dass ihr Kind nicht mehr am EVRAS-Unterricht teilnehmen müsste, wenn sie es im ‚Libre‘-Netzwerk anmelden würden.“. Andere Teilnehmer erwähnten die überwältigende Flut von Bildern über die anhaltenden Konflikte im Nahen Osten, insbesondere seit dem 7. Oktober 2023.

Zum Thema Desinformationen konzentrierten sich die beiden Plenarsitzungen auf mehrere weit verbreitete Überzeugungen, die nach Ansicht des Konsortiums geklärt oder nuanciert werden sollten, um die „Knoten zu entwirren“. Geoffroy Patriarche und Martin Culot sprachen insbesondere über fünf weit verbreitete Mythen zu Desinformationen:

  • Desinformationen sind falsche Informationen. Die Binärform „wahr/falsch“ hat ihre Grenzen (z. B. irreführende Informationen) und wird der Komplexität des Phänomens nicht gerecht.
  • Desinformation ist ein Wissensproblem. Wenn man Desinformation auf einen Mangel an Wissen reduziert, übersieht man wichtige soziale und politische Dimensionen.
  • Desinformationen gibt es überall. Studien fordern uns auf, die Vorstellung zu überdenken, dass das Informationsumfeld des Einzelnen mit problematischen Inhalten überflutet wird. Einige Gruppen sind stärker betroffen als andere.
  • Die Menschen lassen sich leicht durch Desinformationen täuschen. Diese Vorstellung spiegelt die veraltete Theorie der starken Medienwirkung wider. Die Forschung hat seit langem gezeigt, dass es keine automatische Verbindung zwischen Wahrnehmung, Glauben und Weitergabe gibt.
  • Wir müssen mehr Skepsis und kritisches Denken fördern. Die Förderung von ungefilterter Skepsis kann zu einem allgemeinen Misstrauen führen, auch gegenüber demokratischen Institutionen.

Neben der Präsentation dieser Erkenntnisse hatten Geoffroy Patriarche und Martin Culot die Gelegenheit, die von EDMO BELUX 2.0 entwickelten Instrumente und Initiativen zur Bekämpfung von Desinformationen vorzustellen.

Ein medienpädagogischer Workshop zur Ergänzung der Plenarsitzung

Am Nachmittag des 21. November leitete Média Animation in den Räumen der Fédération Wallonie-Bruxelles einen Workshop mit stärkerer Beteiligung, um ein besseres Verständnis der Gegebenheiten zu erlangen, mit denen Fachleute konfrontiert sind.

Zunächst versuchte der Moderator herauszufinden, was die Teilnehmer als Herausforderungen der Desinformationen wahrnehmen. Dabei kristallisierten sich zwei Hauptthemen heraus:

  • Vorschläge, wie man online leichtes Geld verdienen kann. Die Arbeitnehmer berichteten, dass viele junge Menschen durch Videos von Influencern beeinflusst werden, die für Online-Geschäfte werben – Kryptowährung, Dropshipping, bezahlte Schulungsprogramme usw. -, die Möglichkeiten zum „leichten Geld verdienen“ aufzeigen. Laut drei Arbeitnehmern, die dieses Thema ansprachen, ist es sehr schwierig, diesen an die Gier appellierenden Erzählungen etwas entgegenzusetzen.
  • Gesundheitliche Behauptungen über „Elektronische Zigaretten“ (puffs). In vielen Informationen wird behauptet, dass „Elektronische Zigaretten“ gefährlich sind, vielleicht sogar gefährlicher als normale Zigaretten. Dies führt zu endlosen Debatten unter jungen Menschen darüber, ob elektronische Zigaretten oder normale Zigaretten schädlicher sind. Jugendbetreuer fühlen sich oft nicht in der Lage zu argumentieren, dass Zigaretten weiterhin gefährlich sind, auch wenn Puffs ebenfalls schädlich sind.

Im zweiten Teil des Workshops befassten sich die Teilnehmer mit verschiedenen medienpädagogischen Instrumenten: Wie kann Medienkompetenz diese Probleme angehen? Die Diskussionen berührten auch die „neue Informationslandschaft“, insbesondere die Tatsache, dass Informationen heute fast ausschließlich über soziale Medien konsumiert werden. Eine große Sorge der Fachleute war die Fragmentierung der Informationsquellen und das Fehlen gemeinsamer Referenzen. Jeder stützt sich auf seine eigenen Netzwerke – Telegram-Gruppen oder andere sehr spezifische Kanäle. Die Medien spielen nicht mehr ihre frühere verbindende Rolle, zumindest nicht in denselben Kerngruppen (Familie, Nachbarschaft usw.). Der Informationskonsum findet heute auf einer viel breiteren, ja sogar globalen Ebene statt, so dass es für Fachleute schwierig ist, ihren Platz zu finden – oder auch nur auf das zu reagieren, was junge Menschen sehen und lesen.

Polarisierung und Desinformation: Ein Thema, das weiter untersucht werden sollte?

Obwohl diese beiden Anfragen innerhalb eines kurzen Zeitraums gestellt wurden, deuten sie darauf hin, dass der Bedarf an Rahmenbedingungen und Informationen über Desinformationsmechanismen bei den Fachleuten weiterhin hoch ist. Diese Fachleute sind ständig mit Medienpraktiken konfrontiert, die Desinformation oder Fehlinformation beinhalten können. Da sich die Themen, die die Polarisierung anheizen, weiterentwickeln, ist es von entscheidender Bedeutung, den Fokus auf diese Mechanismen zu richten und zu prüfen, welche Erkenntnisse ein multidisziplinäres Konsortium wie EDMO BELUX bieten kann.