Masken haben sich während der Pandemie als wirksames Instrument herausgestellt, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. In sozialen Netzwerken teilen Userinnen und User einen Beitrag, wonach die Association of American Physicians and Surgeons (AAPS) behauptet habe, eine Maskenpflicht sei wirkungslos und das Tragen von Masken schädlich. Den Aussagen der Organisation fehlt es jedoch an Kontext. Studien sowie Fachleute bestätigten zudem, dass Masken einen guten Schutz vor Viren bieten und nicht – wie behauptet – schaden.
“Maskenpflicht verhindert keine Ausbreitung von Atemwegsviren, sie schadet und verletzt das Recht auf informierte Zustimmung”, heißt es in einem deutschsprachigen Blogeintrag vom 15. September 2023. Dieses Statement wurde von der Association of American Physicians and Surgeons (AAPS) auf ihrer Website abgegeben, heißt es weiter.
Userinnen und User teilen die Behauptung in sozialen Medien. “Das Problem dabei sei, dass Empfehlungen und Anordnungen der #Regierung in Sachen Gesichtsbedeckungen ohne faktische wissenschaftliche Grundlage seien. Dabei würden auch mögliche #Gesundheitsschäden, die sich durch die Verwendung von #Masken ergeben können, vernachlässigt”, wird etwa in einem Facebook-Posting vom 15. September 2023, das mehrfach geteilt wurde, konkretisiert. Auf Telegram wurde der Beitrag ebenfalls verbreitet und über 6000 Mal angesehen.
Zur Schutzwirkung von Masken vor Viren kursieren diverse Falschbehauptungen in sozialen Netzwerken. AFP hat in der Vergangenheit bereits Aussagen widerlegt, Masken enthielten gefährliche Giftstoffe, erhöhten das Krebsrisiko oder führten zu Sauerstoffmangel bei Kindern. Auch die Behauptung, FFP2-Masken würden keinen Schutz vor Viren bieten, widerlegte AFP bereits mehrfach (hier, hier, hier oder hier).
Link zu AAPS-Artikel über Maskenpflicht
Der deutschsprachige Blogeintrag stammt von der Plattform “Transition News“. Laut eigenen Angaben ist diese aus der Datenbank “Corona Transition” hervorgegangen, die 2020 gegründet wurde. Hierbei handelt es sich um eine impfkritische Schweizer Plattform. Auf dem Blog finden sich Beiträge, in denen auch Kritik an den Corona-Maßnahmen geübt wird. Die Plattform ist AFP in der Vergangenheit bereits mehrfach mit Falschbehauptungen aufgefallen (etwa hier und hier).
In dem aktuell geteilten Blogbeitrag wird angeführt, dass laut AAPS eine systematische Überprüfung verfügbarer empirischer Daten durch Cochrane – ein unabhängiges, globales Netzwerk aus Forschern, medizinischem Fachpersonal sowie generell an Gesundheitsfragen interessierten Personen – nicht nur gezeigt habe, dass die Maskenpflicht unbestreitbar keine Ausbrüche von Covid verhindere. “Auch geht daraus hervor, dass mit der Maskenpflicht ‘keine eindeutige Verringerung der Virusinfektionen der Atemwege durch die Verwendung medizinischer/chirurgischer Masken einhergeht'”, wird fälschlich geschlussfolgert.
Positionen der Organisation im Widerspruch zu US-Gesundheitspolitik
Auf ihrer Website bezeichnet sich die US-amerikanische Organisation AAPS selbst als “überparteilicher Berufsverband von Ärzten aller Praxistypen und Fachrichtungen im ganzen Land”. Seit 1943 kämpfe sie “für den Erhalt der Privatmedizin”. Zudem spreche AAPS für Ärzte und “NICHT für die Interessen von Unternehmen oder Regierungen”, heißt es weiter. Laut eigenen Angaben finanziert sich die Organisation aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden.
In Medienberichten wird die AAPS als politisch konservativ oder ultrakonservativ beschrieben (etwa hier, hier und hier). Ihre Positionen stünden häufig im Widerspruch zur bundesweiten amerikanischen Gesundheitspolitik. Die Organisation AAPS ist laut Berichten etwa gegen Abtreibung und den rezeptfreien Zugang zu Notfallverhütungsmitteln. Die Position der Gruppe zu Hydroxychloroquin wurde zudem vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump verwendet, um die Einnahme des Malariamittels als Schutz gegen Covid-19 zu rechtfertigen. Die europäische Arzneimittelagentur (EMA) warnte jedoch bereits 2020 vor den Risiken bei Anwendung von Hydroxychloroquin (und Chloroquin) zur Behandlung von Covid-19. Auch das deutsche Robert Koch-Institut (RKI) rät von der Verwendung zur Therapie außerhalb von kontrollierten Studien ab.
Die offizielle Zeitschrift der Organisation ist das “Journal of American Physicians and Surgeons“. Die US-amerikanische National Library of Medicine (NLM) lehnte wiederholt Anfragen von AAPS ab, die Zeitschrift zu indizieren und begründete dies mit nicht näher erläuterten Bedenken.
Auch in anderen Faktenchecks von AFP war die Organisation AAPS bereits Thema (etwa hier).
Fehlender Kontext bei Behauptung
AAPS schrieb am 12. September 2023 tatsächlich auf ihrer Website, die im Blogbeitrag verlinkt wird, dass aus einem Cochrane-Review hervorgehe, Studien würden “keine eindeutige Verringerung der Virusinfektionen der Atemwege durch die Verwendung medizinischer/chirurgischer Masken” zeigen. Tatsächlich wird dies in der Metaanalyse vom 30. Januar 2023, die 78 Studien zu verschiedenen Maßnahmen gegen die Übertragung von Atemwegsviren untersucht hat, angeführt. AFP hat sich bereits hier im Detail mit dem Review auseinandergesetzt.
Die meisten der betrachteten Studien wurden jedoch vor dem Ausbruch von Covid-19 durchgeführt und befassten sich mit der Übertragung von Influenza- oder anderen Erkältungsviren. Das erklärte auch Cochrane Deutschland online. Die Autorinnen und Autoren wiesen außerdem darauf hin, dass aufgrund potenzieller Verzerrungen in den Studien, unterschiedlicher Messmethoden und unzureichender Umsetzung der Maßnahmen schwierig sei, Schlussfolgerungen zu ziehen. Sie betonten, dass die Einhaltung der Anweisungen zum Tragen von Masken und zur Handhygiene relativ niedrig war. “Dies könnte die Ergebnisse der Studien beeinflusst haben.”
Cochrane Deutschland schrieb zudem online, dass aus der Arbeit jedenfalls nicht abgeleitet werden könne, dass Masken im Allgemeinen nutzlos seien. Obwohl diese spezielle Arbeit keinen klaren Nachweis für den Nutzen von Masken erbracht habe, bedeute dies keineswegs, dass eine ordnungsgemäß getragene Gesichtsmaske in bestimmten Situationen nicht signifikante Auswirkungen auf das individuelle Infektionsrisiko haben könnte, heißt es.
Welche Normen für Masken gelten, hat AFP in diesem Faktencheck und diesem Video erklärt.
Studien belegen Virenschutz durch Schutzmasken
In der Diskussion um die Cochrane-Analyse hinterfragten einige Medizinerinnen und Mediziner die Wirksamkeit einer Maskenpflicht in der Bevölkerung. Ausbleibende Effekte in der Allgemeinbevölkerung bedeuten allerdings nicht, dass Masken nicht für den Einzelnen in bestimmten Situationen eine sehr gute Wirksamkeit haben können: Die individuelle Schutzwirkung von Masken wurde in der Vergangenheit mehrfach bestätigt. Laut verschiedenen Studien (etwa hier und hier) sowie Einschätzungen von Expertinnen und Experten bieten FFP2-Masken einen sehr wirksamen Schutz vor der Übertragung von Viren und Bakterien, da sie die Verbreitung von Aerosolen, winzigen Flüssigkeitspartikeln, die beim Ausatmen freigesetzt werden und Viren und Bakterien enthalten können, effektiv verhindern.
Im geteilten Blogartikel wird auch auf Gesundheitsschäden durch Masken eingegangen, deren Tragen generell ohne “faktische wissenschaftliche Grundlage” sei, wie angeführt wird. Unter Bezugnahme auf AAPS heißt es, dass es es mindestens 60 Studien und Berichte gäbe, die Nachteile aufzeigen würden. Als Beispiel wird eine Untersuchung angeführt, die ergeben hätte, dass Masken unerwünschte Wirkungen wie “Kopfschmerzen, Hautausschlag, Akne, Hautabbau und kognitive Beeinträchtigungen” verursachen. Die zitierte Analyse aus dem Jahr 2020 untersuchte das längere Tragen von Masken bei medizinischem Fachpersonal, die während ihres Dienstes Schutzmasken verwendeten. Die Mehrheit der Befragten berichtete über genannte Probleme.
Die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) sowie die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) befürworten jedoch grundsätzlich das Tragen von Masken und betrachten diese als unbedenklich, sofern sie ordnungsgemäß verwendet werden. Das geht aus einer gemeinsamen, aktuell auf deren Website aufrufbaren, Stellungnahme aus 2020 hervor. Gleichzeitig betonen sie, dass bei unsachgemäßer Anwendung bestimmte Personengruppen wie Menschen mit Vorerkrankungen oder ältere Menschen einem gewissen Risiko ausgesetzt sein könnten. 2021 äußerte sich die DGKH zum FFP2-Masken-Tragegebot in der Öffentlichkeit kritisch und verwies insbesondere auf die durch dicht sitzende FFP2-Masken erforderliche erhöhte Atemarbeit (siehe hier).
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde CDC fasst auf ihrer Website den aktuellen Forschungsstand zu Masken zusammen. Obwohl weitere Forschung erforderlich sei, deuten vorhandene Studien darauf hin, dass Masken nur geringe oder gar keine negativen Auswirkungen haben, heißt es. Eine Studie aus dem Bereich der Arbeitsmedizin in Deutschland des vergangenen Jahres stützt diese Erkenntnisse ebenfalls.
Zudem ist die Schutzwirkung von Masken durch zahlreiche wissenschaftliche Artikel und Studien belegt – anders als behauptet. Eine Metaanalyse verschiedener Universitäten, die im November 2021 veröffentlicht wurde, zeigte etwa auf, dass die Anwendung mehrerer persönlicher und sozialer Schutzmaßnahmen, darunter Händewaschen, das Tragen von Masken und die Aufrechterhaltung von körperlicher Distanz, mit einer Verringerung der Covid-19-Fallzahlen in Verbindung gebracht wurde. Aus einer Studie des Max-Planck-Instituts geht zudem hervor, dass medizinische Masken das Corona-Infektionsrisiko deutlich senken. Darin heißt es: “Wir stellen fest, dass das Infektionsrisiko sehr gering ist, wenn jeder eine Gesichtsmaske trägt, auch wenn sie nicht perfekt auf dem Gesicht sitzt.”
Das RKI weist online aktuell darauf hin, dass korrekt getragene medizinische Masken in Phasen, in denen sich Viren stark verbreiten – wie bei einer Covid-19-Welle –, in Innenräumen ein zusätzlicher Schutz vor Infektionen sein können.
Aus dem Zusammenhang gerissene Aussagen zu Masken bei Kindern
In dem aktuell verbreiteten Blogbeitrag wird außerdem unter anderem behauptet, dass laut Daten von Forschenden Corona-Schutzmasken bei Kindern zu überhöhten CO2-Werten führen würden – über die zulässigen Sicherheitsgrenzen hinaus. AFP hat sich bereits in der Vergangenheit mit einem Research Letter von drei derselben Autoren auseinandergesetzt. Darin wurde der CO2-Wert unter Masken von Kindern mit einer Vorgehensweise, die mehrere Experten gegenüber AFP als fehlerhaft ansehen, gemessen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht auf ihrer Website auf häufig genannte Mythen über Corona ein: “Die längere Verwendung medizinischer Masken kann unangenehm sein. Sie führt jedoch weder zu einer CO2-Vergiftung noch zu einem Sauerstoffmangel”, heißt es.
Dieses von der WHO beschriebene, manchmal unangenehme Gefühl ist dabei nicht gefährlich: Das deutsche Umweltbundesamt antwortete online auf die Frage, ob durch Maskentragen vermehrt Kohlendioxid eingeatmet werde und zu gesundheitlichen Problemen führen könne. Kurzzeitig seien zwar Veränderungen messbar, die aber “klinisch nicht relevant” seien.
Eine Studie der Universität Miami zeigte 2021 außerdem, dass selbst bei Probanden mit schweren Lungenfunktionsstörungen der Sauerstoff- und CO2-Gehalt im Blut nicht signifikant durch Masken beeinträchtigt wurde. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin empfiehlt auf ihrer Website das Tragen von medizinischen Gesichtsmasken schließlich auch im Kindes- und Jugendalter.
Fazit: Online wird unter Bezugnahme auf die Association of American Physicians and Surgeons (AAPS) behauptet, dass es keine wissenschaftliche Grundlage für die Wirksamkeit von Masken gebe und das Tragen schädlich sei. Den Aussagen der Organisation fehlt es jedoch an Kontext. Aus Studien geht hervor, dass Masken einen guten Schutz vor Viren bieten.