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Nein, dieses Video zeigt nicht, wie die US-Marine in Israel ankommt

Nein, dieses Video zeigt nicht, wie die US-Marine in Israel ankommt - Featured image

Author(s): AFP Österreich / AFP Frankreich / AFP Griechenland

Nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 haben sich im Internet alte Videos verbreitet, die behaupten, aktuelle Geschehnisse zu zeigen. Eines dieser Videos, welches auf Griechisch und in anderen Sprachen geteilt wurde, soll angeblich amerikanische “Air Force Marines” zeigen, wie sie Ende Oktober 2023 in Israel ankommen. Tatsächlich stammt das Video allerdings aus dem Juni 2022 und zeigt die Ankunft amerikanischer Fallschirmjäger in Rumänien, wo sie ein Nato-Kontingent ablösten. In den Beiträgen wird außerdem behauptet, dass westliche Staaten “Militärteams” in das Gebiet schickten. Zwar haben einige europäische Länder und Australien seit dem 7. Oktober 2023 eine stärkere Militärpräsenz im östlichen Mittelmeerraum und im Nahen Osten angekündigt. Doch die Regierungen sagen, das Ziel sei, eine mögliche Evakuierung von Bürgern und die Versorgung mit humanitärer Hilfe zu erleichtern.

Die im Gazastreifen herrschende radikalislamische Hamas hatte am 7. Oktober 2023 bei einem Großangriff auf Israel nach israelischen Angaben mindestens 1400 Menschen getötet.

Als Reaktion auf den Hamas-Angriff hat Israel den Gazastreifen unter Dauerbeschuss genommen und das Palästinensergebiet komplett abgeriegelt. Durch die israelischen Bombardierungen wurden nach Angaben der Hamas mehr als 10.500 Palästinenser getötet.

Angesichts der entschiedenen Unterstützung Israels durch die US-Regierung und die Europäische Union sind die Militäraktivitäten des Westens im Nahen Osten in den Mittelpunkt des Medieninteresses gerückt.

“Tausende von US Air Force Marines sind in Israel gelandet”, heißt es in einem griechischsprachigen Facebook-Beitrag vom 26. Oktober 2023. Darin wird ein Video geteilt, das angeblich US-Soldaten zeigt, die als “Air Force Marines” bezeichnet werden und auf einem Flughafen aus einem Flugzeug steigen. Der Beitrag fügt weiter hinzu: “Sie berichten auch, dass Frankreich den Hubschrauberträger Tonnerre, der Dutzende von Hubschraubern und Hunderte von Marinesoldaten transportieren kann, auf israelisches Gebiet schickt. Auch Großbritannien, Deutschland und Australien schicken ihre Militärteams in das Gebiet, Kriegsschiffe, Spezialkräfte, Militärflugzeuge und mehr.”

Weitere Beiträge im Griechischen wurden unter anderem hier, hier und hier gefunden. Ähnliche Behauptungen gab es auch auf Französisch und Arabisch.

Screenshot der Behauptung auf Facebook: 1. November 2023

Diese Behauptungen sind jedoch falsch. Das Video stammt aus dem Jahr 2022, wie eine AFP-Recherche ergab. In der Zwischenzeit haben die Vereinigten Staaten und andere Länder wie Frankreich, das Vereinigte Königreich, Deutschland und Australien tatsächlich ihre militärische Präsenz im östlichen Mittelmeer und im Nahen Osten verstärkt, ohne jedoch “Tausende” von Soldaten direkt nach Israel zu schicken.

Video von US-Fallschirmjägern 2022 in Rumänien 

Einige der Facebook-Posts enthalten auch einen Link zu einem englischsprachigen Telegram-Kanal namens “Lady Q“, der verschwörungstheoretische Inhalte veröffentlicht. Das Video, das Soldaten beim Verlassen des Flugzeugs zeigt, wurde am 26. Oktober 2023 in dieser Gruppe geteilt. Als Wasserzeichen ist derselbe russische Text wie in dem auf Facebook geteilten Video zu sehen.

Die Übersetzung des Wasserzeichens aus dem Russischen entspricht “Telegram Leviathan.” AFP hat eine Suche auf Telegram durchgeführt und eine Gruppe namens “Leviathan | Israel News” auf Russisch gefunden, die Bilder und Videos mit demselben Wasserzeichen postet wie auf dem Screenshot unten zu sehen.

Screenshot des Wasserzeichens von Telegram: 1. November 2023

AFP konnte das Video allerdings nicht im Verlauf der Telegram-Gruppe finden.

Durch eine umgekehrte Videosuche konnte AFP das Originalvideo vom 28. Juni 2022 auf Youtube finden (hier archiviert). Dieses Video stammt also aus der Zeit vor dem Konflikt zwischen Israel und der Hamas und zeigt weder die US-Luftwaffe noch die US-Marines.

Aus der Videobeschreibung geht hervor, dass es sich um Truppen der 101. Luftlandedivision (“Screaming Eagles”) — der einzigen Luftangriffsdivision der US-Armee — handeln soll. Diese trafen im rumänischen Mihail Kogalniceanu ein, um die Ostflanke der Nato zu verstärken und an multinationalen Übungen mit Partnern aus dem europäischen Kontinent teilzunehmen.

Eine erweiterte Suche im Internet führte zu einer Pressemitteilung auf der offiziellen Website der US-Armee, aus der hervorging, dass die 101. Luftlandedivision seit dem 20. Juni 2023 in Rumänien ist, und auch den Zweck des Aufenthalts bestätigt.

Auf der Website sind Fotos zu sehen, auf denen Silhouetten von Militärangehörigen am Fuß des Flugzeugs zu erkennen sind und die bestätigen, dass es sich um dieselbe Szene handelt, die auf den Videos von Facebook zu sehen ist.

Vergleich zwischen dem irreführenden Video (links) und den Bildern der US-Armee, Screenshot vom 1. November 2023

Die 101. Luftlandedivision teilte Fotos der Ankunft ihrer Soldaten in Mihail Kogalniceanu in Rumänien am 28. Juni 2022 auch auf Instagram.

Eine umgekehrte Videosuche ermöglichte es AFP auch, die Quelle des Textes der Facebook-Posts zu finden: Ergebnisse in russischer Sprache zeigen, dass der griechische Text eine Übersetzung eines Artikels der russischen Website mk.ru ist und die Schlagzeile “Tausende US-Marines landen in Israel” trägt.

Verstärkte US-Militärpräsenz im Nahen Osten

Als Israels wichtigster politischer und militärischer Verbündeter haben die Vereinigten Staaten eine Reihe von Maßnahmen angekündigt, um ihre Präsenz in der Region zu verstärken.

Die Vereinigten Staaten werden ihre Streitkräfte im Nahen Osten aufstocken, so das Verteidigungsministerium. Zuletzt kündigte es am 31. Oktober 2023 die zusätzliche Entsendung von 300 Soldatinnen und Soldaten an, die sich auf “Kampfmittelbeseitigung, Kommunikation und andere Unterstützungsfunktionen” konzentrieren sollen. Diese Verstärkung “wird nicht nach Israel gehen”, fügte Pentagon-Sprecher Brigadegeneral Patrick Ryder hinzu.

Das US-Verteidigungsministerium kündigte am 23. Oktober 2023 die Entsendung von “Militärberatern” nach Israel an, und am 15. Oktober 2023 gab US-Verteidigungsminister Lloyd Austin bekannt, dass ein zweiter Flugzeugträger in die Region geschickt werde, um “feindliche Handlungen gegen Israel oder jegliche Bemühungen um eine Ausweitung dieses Krieges nach dem Angriff der Hamas zu verhindern.”

Um ein Wiedererstarken der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat zu verhindern, sind bereits 2500 amerikanische Truppen im Irak und 900 weitere in Syrien stationiert. In beiden Ländern kontrollierte der IS einst große Flächen.

Truppen mehrere Länder in das östliche Mittelmeer verlegt

In mehreren Bildunterschriften, die das Video in Facebook-Posts begleiten, ist auch von der Entsendung von Truppen und Schiffen aus Frankreich, dem Vereinigten Königreich, Deutschland und Australien in die Region die Rede.

Frankreich hat einen amphibischen Hubschrauberträger “Le Tonnerre” entsandt, der sich an humanitären Einsätzen für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen beteiligen soll. Der französische Präsident Emmanuel Macron kündigte den Einsatz am 25. Oktober 2023 an.

Die Tonnerre ist ein großes Schiff der Mistral-Klasse, das in der Lage ist, “kurzfristig Krisenmanagement-, Transport-, medizinische Evakuierungs- und medizinische Unterstützungsoperationen mit amphibischen und luftbeweglichen Mitteln durchzuführen”, so das französische Verteidigungsministerium.

Am 12. Oktober 2023 gab der britische Premierminister Rishi Sunak bekannt, dass er beschlossen habe, Truppen in das östliche Mittelmeer zu verlegen, “um Israel zu unterstützen.”

In einer Presseerklärung wurde hinzugefügt, dass Überwachungsflugzeuge der Luftstreitkräfte begonnen hätten, in die Region zu fliegen, um “Bedrohungen gegen die regionale Stabilität zu überwachen.” Die Marine und die britische Armee wurden ebenfalls in die Region entsandt, um “als Notfallmaßnahme die humanitären Bemühungen zu unterstützen” und “Israel und seine Partner in der Region praktisch zu unterstützen sowie Abschreckung und Beruhigung zu gewähren.”

Am 25. Oktober 2023 kündigte das britische Verteidigungsministerium an, dass ein RAF-Flugzeug über den ägyptischen Roten Halbmond Hilfsgüter an die Palästinenser im Gazastreifen liefern würde.

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius besuchte am 19. Oktober 2023 rund 140 deutsche Soldaten, die auf einer Korvette vor der libanesischen Küste stationiert sind und an der UN-Libanon-Mission UNIFIL teilnehmen. Das UNIFIL-Hauptquartier im Südlibanon wurde von einer Rakete getroffen. Der Angriff forderte keine Verletzten.

Deutschland hat nicht angekündigt, dass es zusätzliche Truppen nach Israel entsendet, unterstützt das Land aber nachdrücklich. Am 12. Oktober 2023 genehmigte es Israel beispielsweise den Einsatz von Heron TP-Kampfdrohnen und prüfte eine Anfrage Israels nach Kriegsschiffsmunition. 

Unterdessen hat das deutsche Verteidigungsministerium bestätigt, dass es Kräfte in Zypern stationiert hat, um bei einer möglichen Evakuierung aus der Region zu helfen. Ein Sprecher des Ministeriums lehnte es ab, die genaue Zahl der dortigen Truppen zu nennen, und sagte nur, dass eine so genannte Evakuierungseinheit aus bis zu 1400 Personen bestünde.

Der australische Verteidigungsminister kündigte am 25. Oktober 2023 die Entsendung von Flugzeugen und Truppen an, “um die australische Bevölkerung im Nahen Osten zu unterstützen, falls sich die Lage verschlimmert.”Verteidigungsminister Richard Marles sagte, es werde eine “beträchtliche Anzahl” von Truppen entsandt, wollte aber nicht sagen, wo die Flugzeuge und Truppen stationiert werden sollen.

Fazit: Der Krieg in Israel hat dazu geführt, dass zahlreiche westliche Länder Truppen, Schiffe und Flugzeuge in den Nahen Osten verlegt haben. Vielmehr handelt es sich hauptsächlich um Vorsorgemaßnahmen, um die Evakuation von Staatsbürgern zu ermöglichen. Das Video, das auf Facebook kursiert, zeigt nicht die Verlegung amerikanischer Truppen nach Israel und stammt stattdessen aus dem Jahr 2022 und wurde in Rumänien aufgenommen.

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Ursprünglich hier veröffentlicht.