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Nein, dieses Foto zeigt nicht die Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau

Nein, dieses Foto zeigt nicht die Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau - Featured image

Author(s): Saladin SALEM / AFP Deutschland

In sozialen Medien verbreiteten User im April 2023 ein Bild einer scheinbar auf die Straße urinierenden Frau. Dazu wird behauptet, das Foto zeige Ada Colau, die Bürgermeisterin von Barcelona. Tatsächlich ist die Frau auf dem Bild aber Águeda Bañón, eine Aktivistin und Künstlerin, die das Foto gegenüber AFP als Beitrag zum Sonar Festival 2004 in Barcelona bezeichnete. Seit 2015 ist Bañón Kommunikationsdirektorin in Barcelona und Colau Bürgermeisterin. Das Foto wird seit ihrer Ernennung immer wieder im Netz verbreitet.

Dutzende teilten das angebliche Bild der Bürgermeistern von Barcelona auf Facebook. Hunderte sahen das Foto auf Twitter, Tausende auf Telegram.

Die Behauptung: User teilen online ein Foto, das angeblich Ada Colau, die Bürgermeisterin von Barcelona, zeigen soll. Die auf dem Bild gezeigte Frau hält eine Zigarette in der Hand und uriniert auf die Straße. Einer der Nutzer schreibt dazu: “Ja, die linksradikale Bürgermeisterin von Barcelona pinkelte öffentlich auf die Strasse…” Manche Beiträge teilen zusätzliche Auszüge eines Wikipedia-Eintrags über Ada Colau.

Facebook-Screenshot der Behauptung: 14. April 2023

Aus dem Kontext gerissene Fotos und Videos kursieren immer wieder in Kombination mit Falschbehauptungen im Netz. So widerlegte AFP in der Vergangenheit Beiträge mit Bildern, die angeblich den Sohn eines russischen TV-Moderators zeigen sollten, Videos eines Übergriffs in Irland oder Aufnahmen einer Autoexplosion mit der Falschbehauptung, es handele sich um ein Elektroauto.

Foto zeigt nicht die Bürgermeisterin

Mithilfe einer umgekehrten Bildsuche lässt sich der Ursprung eines Fotos nachvollziehen. Wird in einer Suchmaschine nach dem Bild gesucht, lässt sich herausfinden, ob dieses in der Vergangenheit schon einmal online veröffentlicht wurde.

Die Suche nach dem angeblichen Bild der Bürgermeisterin zeigt schnell, dass das Foto nicht aktuell sein kann. Es wurde bereits im Sommer 2015 in mehreren spanischen Medienberichten verwendet (hier, hier, hier). Im Juni 2015 wurde Ada Colau als erste Frau Bürgermeisterin von Barcelona.

Das Foto wird in einem Beitrag der spanischen Tageszeitung “El País” verwendet. In der Bildbeschreibung heißt es, zu sehen sei die künftige Leiterin der Kommunikationsabteilung der Stadt Barcelona, Águeda Bañón. Sie erhielt die Position 2015 unter Ada Colau, die als erste Frau Bürgermeisterin von Barcelona wurde.

Der Artikel berichtet weiter, dass Bañón eine Aktivistin der “Postporn”-Bewegung sei. Dabei handelt es sich um eine Strömung, die sich in den 1990er-Jahren als Gegenbewegung zur konventionellen Pornographie entwickelte, wie es in der Beschreibung zum Dokumentarfilm “Meine Sexualität ist eine Kunstschöpfung” der Künstlerin Lucía Egaña Rojas heißt.

Weiter berichtete “El País”, die Ernennung Bañóns habe 2015 eine Kontroverse ausgelöst. 2002 habe sie den Blog “Girlswholikeporno” mitgegründet, der sich von traditionell und heterosexuell geprägten Mustern und Schönheitsbildern distanzierte.

Die spanische Regionalzeitung “La Provincia” berichtete 2015, die Bekanntgabe von Águeda Bañóns neuer Position als Kommunikationsleiterin habe die “Postporn”-Bewegung erneut in die Medien gebracht. Die Bürgermeisterin Ada Colau habe Bañón gegen die Reaktionen auf die Ernennung verteidigt.

Auf AFP-Anfrage bestätigte ein Sprecher der Bürgermeisterin am 14. April 2023, dass es sich bei der Frau auf dem Bild in der Tat nicht um Ada Colau, sondern Águeda Bañón handle. Sie sei auch weiterhin Leiterin der Kommunikationsabteilung der Stadt Barcelona.

Am 15. April 2023 bestätigte auch Águeda Bañón selbst in einer E-Mail an AFP: “Ich bin die Person in dem Bild. Es war Teil einer künstlerischen Arbeit, die ich 2004 mit dem Kollektiv girlswholikeporno für unsere Performance beim Sonar Festival angefertigt habe.” Das Sonar Festival in Barcelona bezeichnet sich als “wegweisende Kulturveranstaltung” mit einer experimentellen Mischung aus neuen Trends in Tanz und Musik.

Weiter schrieb Bañón, das Foto sei über Ostern in der spanischen Stadt Murcia entstanden und nicht bearbeitet worden. Die Frage, ob das Urinieren echt oder simuliert sei, ist laut Bañón nicht relevant für ihre Arbeit. “Es ist ein Stück Kunst, das eine Geschichte erzählt.”

Der Aufnahmeort lässt sich zudem mithilfe einer Geolokalisierung nachvollziehen. Es entstand auf der Straße Gran Vía del Escultor Francisco Salzillo im Zentrum von Murcia, wie an den markanten Gebäuden, Aufschriften und einer Werbetafel im Hintergrund zu erkennen ist.

Bildvergleich Google Maps und Twitter-Beitrag des kursierenden Fotos: Markierungen von AFP hinzugefügt, 17. April 2023

Das Bild von ihr sei in verschiedenen Medien für die Ankündigung des Kollektivs genutzt worden. Das belegte sie mit einem Ausschnitt aus der Tageszeitung “El País” mit dem Foto vom 4. Juni 2004, der AFP vorliegt. Darin ist von einem “audiovisuellen Konzert” von “girlswholikeporno” die Rede.

Weiter erklärte Bañón: “Dieses Bild wurde aus dem Zusammenhang gerissen und seit 2015 immer wieder verwendet, um mein öffentliches Image und das der Bürgermeisterin Ada Colau zu diskreditieren, seit sie die Wahlen gewonnen und mich 2015 zur Kommunikationsdirektorin der Stadtverwaltung von Barcelona ernannt hat”, so Bañón. Tatsächlich wurde das Foto in den vergangenen Jahren immer wieder mit abwertenden Verweisen auf Colau oder Bañón auf Twitter veröffentlicht (hier, hier, hier).

Sie habe das Foto des öfteren auf Twitter gemeldet. In einigen Fällen sei es gelungen, Profile zu sperren, die beleidigende oder drohende Beiträge verbreiteten. Später sei das Bild mit Ada Colau und anderen weiblichen Kolleginnen in der Stadtverwaltung in Verbindung gebracht worden.

Bañón selbst bezeichnet sich gegenüber AFP als feministische Künstlerin. Sie habe bildende Kunst in Valencia und im britischen Southampton studiert und über mehrere Jahre in Europa als Künstlerin gearbeitet. Ihren Blog “girlswholikeporno” habe sie von 2004 bis 2007 betrieben, um “auf offene und ehrliche Weise über Feminismus und Sexualität” zu schreiben. Mittlerweile sei dieser geschlossen.

Später habe Bañón begonnen, sich vermehrt politisch und für soziale Bewegungen einzusetzen. Schließlich sei sie auch für die Kommunikation in Ada Colaus Kampagne für das Bürgermeisteramt 2015 verantwortlich gewesen.

Ada Colau ist seit 2015 Bürgermeisterin von Barcelona

Ada Colau wurde 2015 mit dem Bündnis Barcelona En Comú als erste Frau Bürgermeisterin in Barcelona. Sie trat damals als Kandidatin der linken Protestbewegung Indignados (Die Empörten) an, die ebenfalls 2015 die Bürgermeisterin von Madrid stellte. Colau setzte sich im Wahlkampf vor allem gegen Zwangsräumungen ein und versprach, gegen wirtschaftliche Ungleichheit vorzugehen. Schließlich erhielt sie die Mehrheit der Stimmen durch die Unterstützung der linken ERC und der Sozialisten.

Die Bewegung Indignados entstand 2011, als vor allem junge Menschen aus Protest gegen die Spar- und Reformpolitik der Regierung Plätze besetzten und Zeltstädte errichteten.

Fazit: Das Foto zeigt nicht die Bürgermeisterin von Barcelona, sondern Águeda Bañón, eine Aktivistin und Künstlerin, die nun als Leiterin der Kommunikationsabteilung von Barcelona tätig ist. Laut ihr entstand das Bild im Kontext eines Festivals im Jahr 2004. Auch ein Sprecher der Bürgermeisterin von Barcelona erklärte, das Foto zeige Bañón.

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Ursprünglich hier veröffentlicht.