Die Behauptung, Lord Rothschild habe sich so geäußert, ist falsch. Sie wurde erstmals von einem kanadischen Verschwörungs-Autor aufgestellt. Dieser selbst hat später eingeräumt, dass ein von ihm verbreitete Text nicht von Rothschild stammt.
Die Behauptung über Rothschilds angeblichen Kommentar stammt aus dem Jahr 2021 und hatte nur wenige Tage Bestand. Bereits am 31.12.2021 musste der Verbreiter, ein Kanadier namens Henry Makow, einräumen, dass der Text nicht von Rothschild stammte.
Er habe eine E-Mail von einem Kanadier namens «Fred B.» erhalten, der sich als Rothschild ausgegeben habe. Er finde es nicht schlimm, sich geirrt zu haben, schrieb Makow. Und fügte hinzu: «Fred B. ist brillant. Alles, was er in seiner Rothschild-Pose sagte, könnte wirklich von Jacob Rothschild selbst gesagt worden sein.»
Wie sich die falsche Behauptung verbreitete
Die Behauptung hat sich also längst als falsch herausgestellt. Auf welchen Wegen kam sie dennoch erneut ans Tageslicht?
Der Facebook-Post vom April 2025 teilte einen vom 19. Dezember 2021 datierten Screenshot der deutschsprachigen Webseite Krisenfrei.com. Dabei handelt es sich um einen übersetzten Artikel des Kanadiers Makow, der auf seiner eigenen Webseite Henrymakow.com Dutzende von Verschwörungsbehauptungen über das Judentum im allgemeinen und die jüdische Bankiersfamilie Rothschild im besonderen aufstellt.
In dem Facebook-Post heißt es, bereits im Dezember 2021 sei «alles erklärt» worden. Und der User fragt: «Und die Umsetzung läuft weiter ohne Gegen-Proteste?»
Die Webseite von Krisenfrei.com gibt unter der Überschrift «Jacob Rothschild – Die Wahrheit spielt keine Rolle mehr» eine Reihe von Äußerungen wieder, die fälschlicherweise Rothschild zugeschrieben und als dessen wörtliche Zitate präsentiert werden.
Demnach habe Rothschild unter anderem gesagt: «Wir sehen eine zukünftige Welt, in der es nicht genug zu verteilen gibt, und deshalb müssen wir lernen, sie zuerst zu kontrollieren und dann das, was da ist, so zu teilen, wie wir es für diejenigen, die wir auswählen, für am vorteilhaftesten halten. Dafür ist Macht da.»
Diese und andere angebliche Zitate wurden von Makow am 8. Dezember 2021 unter anderem auf der Seite thetruthseeker.co.uk verbreitet. Makow behauptete, er habe diese Zeilen als Reaktion auf einen anderen Artikel erhalten. Bei dem Autor, der den Namen «Jacob R» benutzt habe, habe es sich zweifelsfrei um Jacob Rothschild gehandelt. «Die Menschheit wird verkleinert und vereinheitlicht», kommentierte er. «Gleichheit ist das Endziel», schrieb er zu dem Text auch auf seiner Webseite Henrymakow.com.
Antisemitische Erzählung mit erfundenen Zitaten
Dabei ist seit Dezember 2021 klar, dass die angeblichen Rothschild-Zitate pure Fantasie sind. Dass sie dennoch auch im Jahr 2025 weiterverbreitet werden, hat vermutlich damit zu tun, dass der Name der Bankiersfamilie Rothschild schon seit langem als eine Art Code für antisemitische Botschaften benutzt wird.
Die jüdische Bankiersfamilie sei «ein Platzhalter für „die Juden“», heißt es in einem Papier der Bundeszentrale für Politische Bildung beispielsweise. Schon die Nationalsozialisten nutzten in dem 1940 gedrehten Film «Die Rothschilds» die Familie für antisemitische Propaganda.
Der in London geborene Jacob Rothschild, der vierte Lord Rothschild, war am 26. Februar 2024 im Alter von 87 Jahren gestorben. Er kann sich also gegen die Falschbehauptung nicht mehr wehren.
Die Bankiersdynastie wurde im 18. Jahrhundert in Frankfurt von Mayer Amschel Rothschild gegründet. Er baute das Bankgeschäft auf, das unter seinem Sohn Nathan Mayer Rothschild zur wichtigsten Bank in Europa heranwuchs. Mit Filialen in London, Paris, Wien und Neapel wurde das Bankhaus zu einem einflussreichen Finanzier von Herrschern und Regierungen in verschiedenen Ländern.
(Stand: 23.4.2025)
