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Aufnahme von Geldstapeln stammt aus Kunstinstallation, nicht von EU-Politikerin

Aufnahme von Geldstapeln stammt aus Kunstinstallation, nicht von EU-Politikerin - Featured image

Author(s): Monique NGO MAYAG, Saladin SALEM, AFP Deutschland

Die bisherige griechische Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Eva Kaili, wurde Anfang Dezember 2022 wegen Korruptionsverdachts festgenommen. Wenige Tage darauf setzte das Parlament sie von ihrer Funktion ab. Online zirkuliert zu dem Fall ein Video. Es soll angeblich stapelweise bei der EU-Politikerin gefundene Geldscheine zeigen. Der Clip stammt allerdings bereits aus dem Jahr 2018 und zeigt eine Kunstinstallation in Madrid. Die Aufnahme wurde bereits mehrfach zur Verbreitung von Falschmeldungen benutzt. 

Das Video der Geldscheine wurde von Millionen Usern auf TikTok angesehen. Auch Facebook verbreitet sich der Clip. User teilen die Beiträge auch auf Französisch.

Die Behauptung: Der Clip setzt sich aus zwei unterschiedlichen Aufnahmen zusammen: Einem Ausschnitt aus der Berichterstattung des TV-Senders “Bild” über die Sicherstellung von Bargeld bei der Politikerin und einem Ausschnitt aus einem TikTok-Video, das Geldberge zeigt.

Facebook-Screenshot der Behauptung: 13.12.2022

Die griechische Politikerin Eva Kaili war bis zu ihrer Absetzung Mitte Dezember 2022 eine von 14 Vizepräsidentinnen und -präsidenten des EU-Parlaments. Am 9. Dezember wurde die Politikerin wegen des Verdachts der Korruption durch den WM-Gastgeber Katar festgenommen, wie AFP berichtete. Der Golfstaat soll große Summen gezahlt haben, um Entscheidungen im EU-Parlament zu beeinflussen. Katar bestreitet dies. Derzeit befindet sich Kaili in Untersuchungshaft. Den Vorwurf der Bestechung durch Katar wies sie zurück.

Neben Kaili wurden auch drei weitere Verdächtige im Zusammenhang mit den Vorwürfen in Untersuchungshaft genommen. Bei Razzien durch die belgische Polizei seien insgesamt rund 1,5 Millionen Euro beschlagnahmt worden. Bei Eva Kaili seien mehrere “Säcke mit Bargeld” gefunden worden. Das EU-Parlament schrieb am 13. Dezember 2022 online, Eva Kaili sei nicht länger Vizepräsidentin des Parlaments. Die Abgeordneten stützen mit 625 von 628 abgegebenen Stimmen fast einstimmig die Entlassung Kailis.

Video zeigt Kunstinstallation aus dem Jahr 2018

Das aktuell online geteilte Video steht allerdings in keinem Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre um Eva Kaili. Mithilfe einer umgekehrten Videosuche lässt sich der Ursprung der Aufnahme ausfindig machen.

Der Clip tauchte bereits 2019 in einem Artikel der indischen Website “The Quint” auf. Darin heißt es, das Video sei genutzt worden, um fälschlicherweise zu behaupten, das Geld sei in der Wohnung eines indischen Politikers gefunden worden. Auch AFP beschäftigte sich mit dem Video schon 2019. Damals kursierte die Falschbehauptung, es zeige von der kamerunischen Polizei beschlagnahmtes Geld des dortigen Verteidigungsministers.

Tatsächlich handelt es sich bei den zu sehenden Geldscheinen aber um eine Kunstinstallation mit unechten Scheinen. Das Video findet sich auf dem Instagram-Kanal des Künstlers Alejandro Monge wieder. Neben dem Clip finden sich dort auch weitere Fotos der Installation (hier, hier, hier).

Zu sehen ist ein mit drei weißen Wänden improvisierter Raum. Auf der einen Seite der Installation steht eine Europalette mit aufeinander gestapelten 500-Euro-Scheinen. In der gegenüberliegenden Ecke türmen sich grüne, gelbe und lila Geldscheine an der Wand. Ein Teil der Scheine ist angebrannt und verrußt.

Auf AFP-Anfrage erklärte Monge bereits 2019, die in dem Video zu sehende Installation trage den Titel “European Dream”. Das Werk sei 2018 auf der Messe für zeitgenössische Kunst in Madrid vorgestellt worden. Damals sei die Installation am Stand der 3 Punts Galeria aus Barcelona ausgestellt worden. Auch in den Postings auf Monges Instagram-Kanal wird die Installation mit dem Hashtag #artmadrid beschrieben.

 

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Ein Teil des Kunstwerks, die Europalette mit gestapelten 500-Euro-Scheinen, wurde im Anschluss von März bis Juni 2018 in der Galerie in Barcelona ausgestellt. Die Teil-Installation findet sich auf der Website der Galerie unter dem Titel “Sodoma y Europa” wieder.

Screenshot der Website der “3 Punts Galeria”: 13.12.2022

Alejandro Monge führt auf seiner Website zudem zahlreiche ähnliche Kunstwerke, die verbrannte Geldscheine darstellen. Auf Instagram äußerte sich der Künstler zudem mehrfach zu Falschmeldungen, die in Zusammenhang mit seiner Installation kursierten.

So schrieb Monge am 28. Februar 2019: “Russische Fake News-Seiten haben ein Video meiner Skulptur genommen und eine Geschichte dazu erfunden. Darin wird ein russischer Politiker beschuldigt, versucht zu haben, einen Bunker mit Geld in Moskau zu verbrennen.”

Zum Video der Ausstellung in Madrid schreibt Monge: “Wenn die Leute wüssten, dass es eine Skulptur ist und dass die Banknoten handbemalt sind.” Andere Beiträge zeigen den Künstler beim Bemalen von Geldscheinen. Auf seiner Facebook-Seite lädt Monge 2017 ein Video von einem seiner bemalten Geldscheine im Detail hoch. Zur Demonstration lässt Monge sein Kunstwerk fallen und zeigt, dass dieses aus Metall erarbeitet wurde.

Auch der Fernsehbeitrag der “Bild” verwendet das Video von Monge nicht. Das gezeigte TikTok nennt hingegen Hashtags wie “Korruption” und “Eva Kaili” und stellt damit einen Zusammenhang zur Verhaftung her. In den Kommentaren ist es allerdings vom Ersteller als “schon älteres” Video beschrieben.

Die belgische Polizei veröffentlichte am 14. Dezember 2022 auf Twitter Bilder des beschlagnahmten Geldes. Die Menge an Geldscheinen ist im Vergleich zur Kunstinstallation von Alejandro Monge sehr viel geringer.

 

Fazit: Das aktuell im Zusammenhang mit der Verhaftung von Eva Kaili verbreitete Video von Stapeln von Geldscheinen ist nicht aktuell. Es handelt sich dabei um eine Kunstinstallation, die 2018 im Rahmen einer Messe in Madrid ausgestellt wurde. Der Künstler Alejandro Monge bestätigte gegenüber AFP den Ursprung des Videos.

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Ursprünglich hier veröffentlicht.