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Die FDA hat ihre Position zu Ivermectin als Corona-Medikament in den USA nicht geändert

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Author(s): Marisha GOLDHAMER / Johanna LEHN / AFP USA

Das Medikament Ivermectin wird als Mittel gegen Parasiten angewendet. Sein Einsatz bei Coronainfektionen wurde kontrovers diskutiert. In sozialen Netzwerken kursiert derzeit die Behauptung, dass die US-amerikanische Arzneimittelbehörde (FDA) Ivermectin als Arzneimittel gegen das Coronavirus anerkannt habe. Die Beiträge geben die Position der Behörde falsch wieder. Klinische Studien hätten laut FDA aber nicht gezeigt, dass das Medikament sicher und wirksam gegen das Coronavirus sei.

“Nun gab die US-Behörde FDA vor Gericht zu, dass man C* auch mit Ivermectin erfolgreich behandeln kann”, schrieb Michael Spitzbart am 16. August 2023 auf Facebook und Telegram und erreichte damit Zehntausende. Mit “C*” meint der deutsche Arzt Covid-19; AFP hat in der Vergangenheit bereits Falschinformationen von Spitzbart über das Coronavirus widerlegt.

Weitere viel geteilte Beiträge auf Facebook und X (ehemals Twitter) enthalten einen Artikel von Report24 mit der Überschrift “Ein Ende der Lügen: Ivermectin in den USA durch FDA offen als Covid-19 Medikament anerkannt”. Ein Post des Online-Senders AUF1, wonach “Ivermectin zur Corona-Behandlung offiziell zugelassen” worden sei, wurde auf Telegram von 128.000 Personen angesehen. Falschinformationen beider Medien wurden in der Vergangenheit von AFP beispielsweise hier und hier widerlegt.

Die Behauptung wurde auch von der österreichischen impfkritischen Partei MFG (Menschen Freiheit Grundrechte) auf Facebook geteilt. Ähnliche Beiträge kursiert online auf vielen Sprachen, darunter Englisch, Französisch, Spanisch, Niederländisch, Kroatisch und Serbisch.

Das Medikament Ivermectin war bereits in den vergangenen Jahren Gegenstand von Desinformation in sozialen Medien. Faktenchecks zum Coronavirus sammelt AFP hier.

Screenshot der Behauptung auf X (ehemals Twitter), aufgenommen am 24. August 2023
Screenshot der Behauptung auf Telegram, aufgenommen am 24. August 2023

Die Behauptung in den Beiträgen ist jedoch falsch. Das Medikament ist in den USA für die Behandlung von Menschen und Tieren zugelassen und soll Krankheiten bekämpfen, die durch parasitäre Würmer, Kopfläuse und Rosazea verursacht werden. Die zuständige FDA hat jedoch die Anwendung zur Behandlung von Covid-19 nicht genehmigt oder empfohlen.

Behauptung basiert auf Aussage einer FDA-Anwältin

Die Falschinformationen basieren auf einer Aussage während einer Gerichtsverhandlung am 8. August 2023 (hier archiviert). Drei Ärzte strengten das Verfahren an und beschuldigten die FDA, von der Behörde in ihren Bemühungen, Patienten zu behandeln, geschädigt worden zu sein. In der Akte wird argumentiert, die FDA sei zu weit gegangen, indem sie “die Öffentlichkeit – einschließlich Angehörige der Gesundheitsberufe, Berufsverbände und Patienten – wiederholt angewiesen hat, Ivermectin nicht für Covid-19 zu verwenden” (hier archiviert).

Darauf entgegnete die die FDA vertretende Anwältin des Justizministeriums Ashley Cheung Honold während einer Anhörung am 8. August 2023, dass die regulierende Behörde “ausdrücklich anerkennt, dass Ärzte die Befugnis haben, Ivermectin zur Behandlung von Covid zu verschreiben” (hier archiviert).

AFP konfrontierte die FDA mit dieser Aussage. Die Behörde verwies AFP auf einen Beitrag (hier archiviert), den sie am 16. August 2023 auf X veröffentlichte: “Angehörige des Gesundheitssektors können im Allgemeinen ein zugelassenes Humanarzneimittel für eine nicht zugelassene Anwendung verschreiben, wenn sie der Auffassung sind, dass die nicht zugelassene Anwendung für einen einzelnen Patienten medizinisch geboten ist”.

Screenshot des Beitrags der FDA auf X (ehemals Twitter), aufgenommen am 25. August 2023

Die FDA bekräftigte jedoch, dass sie Ivermectin weder zur Vorbeugung oder Behandlung von Covid-19 anerkannt oder zugelassen hat, “noch hat die Behörde erklärt, dass es für diese Verwendung sicher oder wirksam ist”.

In einer vorherigen Veröffentlichung (hier archiviert) aus dem Jahr 2021 über das Arzneimittel hatte die FDA eine andere Verwendung als die zugelassene offen gelassen und erklärt: “Wenn Ihr Arzt Ihnen Ivermectin verschreibt, beschaffen Sie es über eine Apotheke und nehmen Sie es wie verschrieben ein”.

Im September 2021 erklärten die Amerikanische Ärztekammer, der Amerikanische Apothekerverband und die Amerikanische Gesellschaft der Apotheker des Gesundheitswesens, dass sie “die Bestellung, Verschreibung oder Abgabe von Ivermectin zur Vorbeugung oder Behandlung von Covid-19 außerhalb einer klinischen Studie strikt ablehnen” (hier archiviert).

Als Reaktion auf Berichte von Patientinnen und Patienten aus dem Jahr 2021, die nach einer Selbstmedikation mit Ivermectin für Nutztiere ärztliche Hilfe benötigten, wies die FDA auf die Risiken einer Überdosierung hin, darunter “Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Hypotonie (niedriger Blutdruck), allergische Reaktionen (Juckreiz und Nesselsucht), Schwindel, Ataxie (Gleichgewichtsstörungen), Krampfanfälle, Koma und sogar Tod”.

“Keine wissenschaftliche Grundlage”

Eine Studie aus dem Jahr 2020 ergab, dass Ivermectin die Vermehrung des Coronavirus in vitro hemmt (hier archiviert). Das löste weltweit klinische Studien aus, mit denen herausgefunden werden sollte, ob das Medikament zur Behandlung oder Prävention von Covid-19 eingesetzt werden sollte.

Die im März 2023 aktualisierten Leitlinien (hier archiviert) der US National Institutes of Health raten jedoch davon ab. “Die Plasmakonzentrationen, die für die in vitro nachgewiesene antivirale Wirksamkeit erforderlich sind, würden die Verabreichung von Dosen erfordern, die bis zu 100-mal höher sind als die für den Menschen zugelassenen”, so das Institut.

Das Pharmaunternehmen Merck, das Ivermectin herstellt, erklärte 2021 (hier archiviert), es sehe “keine wissenschaftliche Grundlage für eine mögliche therapeutische Wirkung gegen Covid-19”.

Auch der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland schrieb im August 2023 (hier archiviert), dass bei Ivermectin als Corona-Medikament “wohl keine relevante therapeutische Wirksamkeit gegeben ist”. Studien bestätigen das:

  • Eine klinische Studie, an der 1500 Patienten in den USA teilnahmen, ergab, dass “bei ambulanten Patienten mit leichter bis mittelschwerer Covid-19 die Behandlung mit Ivermectin (…) im Vergleich zu Placebo die Zeit bis zur Genesung nicht signifikant verbesserte” (hier archiviert).
  • In einer anderen US-Studie aus dem Jahr 2023 wurde den Patienten eine höhere Dosis Ivermectin verabreicht. Es zeigte sich, dass die Patientinnen und Patienten, die dieses Mittel einnahmen, die gleiche Genesungszeit hatten wie diejenigen, die ein Placebo erhielten (hier archiviert).
  • Eine Überprüfung mehrerer Studien aus der ganzen Welt ergab keine Hinweise auf einen Nutzen für Covid-19-Patientinnen und -Patienten (hier archiviert).

Fazit: Die amerikanische Arzneimittelbehörde hat ihre Position zu Ivermectin als Medikament zur Behandlung von Covid-19 nicht geändert. Studien zeigen überdies, dass die Wirkung von Ivermectin gegen eine Corona-Erkrankung wissenschaftlich nicht nachgewiesen ist.

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Ursprünglich hier veröffentlicht.