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KI-Präsentator verbreitet erfundene Geschichte über Macron

KI-Präsentator verbreitet erfundene Geschichte über Macron - Featured image

Author(s): dpa

In sozialen Netzwerken kursieren Behauptungen, die französische Armee drohe angesichts der Lage im Land mit Widerstand oder gar einem Putsch gegen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Ein Facebook-Post aus Luxemburg verbreitet ein Sharepic mit den Worten «Eilmeldung» und «Vor 5 Minute». Die Grafik zeigt einen fassungslos in die Kamera starrenden Macron und eine Gruppe schwer bewaffneter Soldaten in Kampfanzügen. In diesem Sharepic wird mit der Behauptung «Macron auf der Flucht! Französische Armee erhebt sich gegen ihn – Revolution in Paris!» zu einem YouTube-Video verlinkt.

Bewertung

Diese Behauptungen sind falsch. Frankreichs Präsident ist nicht auf der Flucht und es gibt auch keine Revolution in Paris. Die französische Armee hat sich nicht gegen ihn erhoben.

Fakten

Zunächst einmal ist das Foto der maskierten Soldaten schon mehr als sechs Jahre alt und stammt aus Afrika. Es taugt also nicht, einen angeblichen aktuellen Aufstand der Armee in Frankreich in irgendeiner Form zu belegen. Eine Bilderrückwärtssuche zeigt, dass exakt diese Aufnahme schon im Frühjahr 2019 auf einer Webseite von Radio France verwendet wurde. Es zeigt dem Sender zufolge französische Soldaten bei einem Besuch des damaligen Premierministers Edouard Philippe in der Sahelzone im Februar 2019.

Verlinktes Video widerspricht der Ankündigung

Der Link hinter dem Bild führt zu einem Video des YouTube-Kanals «Weisheit der Alten». Der bietet nach eigenen Angaben nicht nur «wertvolle Tipps und Ratschläge, damit Senioren ein erfülltes und glückliches Leben führen können», sondern will auch «in einfacher Sprache über aktuelle Ereignisse in Politik und Gesellschaft in Deutschland und in der Welt» berichten.

In dem Video werden die falschen Behauptungen des Sharepics nicht in der gleichen reißerischen Weise wiederholt, sie bleiben dennoch weit von den Fakten entfernt. Dort sagt zunächst ein Präsentator mit ernster Stimme, Präsident Macron habe «die Verbindung zu seinem Volk verloren» und sich hinter den Mauern des Elysee-Palasts «verschanzt» (0:12). Damit widerspricht das Video der Ankündigung, der zufolge Macron ja «auf der Flucht» sei.

Nicht nur diese Aussage ist eine Fiktion, auch der Präsentator wurde mit Künstlicher Intelligenz (KI) geschaffen: Während der fast zehn Minuten, die das Video dauert, bewegt sich der Oberkörper des angeblichen Sprechers nicht einen Millimeter, die gefalteten Hände bleiben ebenfalls regungslos. Auch dass die monotone Stimme etliche Namen falsch ausspricht und Sätze seltsam betont, kommt bei künstlich geschaffenen Sprechern häufig vor.

Dieser KI-Präsentator stellt die Frage: «Steht die französische Armee kurz davor, ihrem Oberfeldbefehlshaber die Gefolgschaft zu verweigern?» (0:30) Der Grund sei Macrons «irrwitzige Ankündigung, notfalls französische Bodentruppen in die Ukraine zu entsenden». Dies sei ein Spiel mit dem Feuer eines möglichen dritten Weltkriegs, das «auch die eigenen Streitkräfte an den Rand der Meuterei drängt» (1:10).

26 Länder würden Frieden in der Ukraine absichern

Zutreffend ist, dass sich 26 westliche Länder am 4. September 2025 bei einer von Macron einberufenen Konferenz in Paris bereit erklärt haben, Truppen zur Absicherung eines Waffenstillstands oder Friedens zwischen Russland und der Ukraine zu entsenden. Nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sind die 26 Länder bereit, Bodentruppen oder Kräfte in der Luft oder auf See einzusetzen. «Diese Streitmacht hat weder den Willen noch das Ziel, Kriege gegen Russland zu führen, sondern soll den Frieden sichern und ein klares strategisches Signal setzen», sagte Macron.

Wenig später gab es in sozialen Medien eine Reihe von Posts über angebliche Widerstände in der französischen Armee. So wurde am 7. September 2025 auf der Plattform X ein Foto des Chefs des französischen Heeres, General Pierre Schill, mit dem angeblichen Zitat «Französische Soldaten gehen nicht in die Ukraine» verbreitet. Im Internet findet sich allerdings kein einziger Beleg dafür, dass Schill dies tatsächlich gesagt hat.

Vielmehr veröffentlichte das französische Verteidigungsministerium am 13. September 2025 auf der Plattform X ein klares Dementi. «Dem Chef des Heeres wurde ein falsches Zitat untergeschoben», heißt es dort. Ein «lügnerisches Video» sei auf X und YouTube im Umlauf. Das von Briten und Franzosen organisierte und von den USA unterstützte Treffen in Paris habe ein klares Signal der Unterstützung für die Ukraine durch den Westen gegeben: «Ein Signal, das dieses lügnerische Video ungeschickt zu übertönen versucht».

Schon am 9. September 2025 hatte das Verteidigungsministerium auf seiner Webseite die Entstehung eines Videos mit der angeblichen Äußerung Schills analysiert. Die Fälscher hätten ein Video vom Dezember 2023 benutzt und mit einem anderen Ton unterlegt. In Wirklichkeit habe Schill niemals gesagt, dass keine französischen Soldaten in der Ukraine eingesetzt würden.

Die Fälschung sei zu einem 2018 registrierten YouTube-Konto zurückverfolgt worden, dass erst seit August 2025 aktiv genutzt werde. Dies sei eine übliche Vorgehensweise bei Fälschungen, die bei älteren Konten nicht so rasch entdeckt werden könnten. Das Ministerium wies auf ähnliche Aktionen von russischer Seite hin. Ziel sei es, Zweifel an der Militärführung zu säen und das Vertrauen der Bevölkerung in die Streitkräfte zu zerstören.

Neueres Video knüpft an Fälschung an

Das in Luxemburg verbreitete Video schlägt in die gleiche Kerbe. Der falsche Präsentator spricht darin von «immer mehr Signalen», die an die Öffentlichkeit kämen: Hohe Offiziere, «die aus Angst vor der politischen Justiz anonym bleiben müssen», sprächen Klartext. Von «internen Schreiben» und «geleakten Chats» ist die Rede, deren Existenz aber in keiner Weise belegt wird.

«Während die Armee diese Fragen stellt, flieht Macron nicht körperlich aus dem Land, sondern vor der Realität», heißt es dann weiter (2:55). Damit wird die Behauptung über die «Flucht» Macrons wieder zurückgenommen und zu einer «Flucht vor dem Chaos, das er selbst geschaffen hat», verkleinert.

Die wesentlichere Behauptung ist jedoch, dass es «eine Revolte der französischen Armee» (8:47) gebe, die «ein Fanal» auch für Deutschland sei. Tatsächlich gibt es weder eine «Revolution in Paris», wie im Sharepic behauptet, noch der im Video beschworene Aufstand der Armee.

In dem Video wird auf erhebliche soziale und wirtschaftliche Probleme in Frankreich hingewiesen, die zu großen Protesten auf den Straßen des Landes geführt haben. Das entspricht den Tatsachen. Von einer Revolution in Paris oder von einer Erhebung der französischen Armee gegen den Präsidenten kann jedoch keine Rede sein

(Stand: 22.9.2025)

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Ursprünglich hier veröffentlicht.
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