
Die Behauptungen sind falsch. Die zitierte US-Klinik hat die Darstellung zurückgewiesen. Für andere Teile des Artikels fehlt jeder Beleg.
Die behaupteten Komplikationen sind extrem selten. Nach Angaben des US-Center for Disease Control and Prevention (CDC) kommen solche Herzprobleme bei 100.000 Zweitimpfungen in 22 bis 36 Fällen vor. Wesentlich häufiger sind hingegen Fälle, in denen die Myocarditis von Covid-19 ausgelöst wird: nämlich 50 bis 65 Fälle pro 100.000 Corona-Infizierten.
Der Facebook-Post verbreitet einen Artikel aus dem «Ibiza Kurier», der sich als «die Lokalzeitung für Ibiza und Formentera in deutscher Sprache» bezeichnet. Auf der Webseite ist ein entsprechender Artikel vom 8. Juni 2023 zu finden. Bei dem weitgehend wortgleichen Papier-Ausriss, der in dem Facebook-Post verbreitet wird, handelt es sich um einen Artikel aus der «Juni-Ausgabe 2025» des Blattes.
In dem Artikel wird ohne genauere Quellenangabe behauptet, die in den Corona-Impfstoffen enthaltenen «Gifte» schädigten den Körper «in einem unvorstellbaren Maß». Die mRNA-Impfstoffe seien mit «schweren Nebenwirkungen» verbunden. «Immer mehr Studien» belegten Langzeitschäden. Unter Berufung auf die Website Report24 heißt es, bei 80 Prozent der insgesamt 23 an Myocarditis (Herzmuskelentzündung) oder Perikarditis (Herzbeutelentzündung) erkrankten Patienten habe es noch nach sechs Monaten «Auffälligkeiten» gegeben.
Forscherin bestätigt höhere Gefahr für Ungeimpfte
Tatsächlich handelt es sich um die Studie «Cytokinopathy with aberrant cytotoxic lymphocytes and pro-fibrotic myeloid response in SARS-CoV-2 mRNA vaccine-associated myocarditis», die im Mai 2023 veröffentlicht wurde. Dabei ging es um die Frage, wie es zu den meist milde verlaufenden Herzproblemen kommen kann, von denen vor allem junge Männer nach der zweiten mRNA-Impfung betroffen wurden.
Die Forscher hatten vermutet, dass die Erkrankungen die Folge einer Überempfindlichkeit gegen Komponenten des Impfstoffs oder einer Autoimmunreaktion sein könnten. Dies bestätigte sich jedoch nicht, wie das Deutsche Ärzteblatt in einer Zusammenfassung der für medizinische Laien schwer lesbaren Studienergebnisse schrieb. Die Forscher kamen vielmehr zu dem Schluss, dass die Herzprobleme auf eine gesteigerte Reaktion des angeborenen Immunsystems zurückzuführen seien.
«Das Immunsystem dieser Personen gerät ein wenig zu sehr in Wallung und produziert zu viele Zytokine und zelluläre Reaktionen», formulierte Caroline Lucas, eine der Co-Autorinnen der Studie von der Yale University, laut der Wissenschaftsseite SciTechDaily. Die Gefahr einer Myocarditis sei bei ungeimpften Personen, die sich mit Covid-19 infizieren, «erheblich größer» als bei Geimpften.
«Ich hoffe, dass diese neuen Erkenntnisse eine weitere Optimierung der mRNA-Impfstoffe ermöglichen werden, die nicht nur eindeutige gesundheitliche Vorteile während der Pandemie bieten, sondern auch ein enormes Potenzial haben, in zahlreichen künftigen Anwendungen Leben zu retten» wurde Anis Barmada, einer der Hauptautoren, zitiert.
Cleveland Clinic weist Behauptungen zurück
Auch in dem auf 2025 datierten Artikel des «Ibiza Kuriers» heißt es, «neueste Daten» der Cleveland Clinic und «aktuelle US-Daten» über die Entwicklung der Sterblichkeit in den vergangenen Jahren zeigten einen «beunruhigenden Trend». Denn daraus gehe hervor, dass jede Impfstoffdosis die Sterblichkeit um jeweils sieben Prozent erhöhe. Diese bedeute, dass die Lebenserwartung durch die Covid-19-Impfung um bis zu 25 Jahre sinken könne.
Tatsächlich gibt es keine Angaben der Cleveland Clinic zu sinkender Lebenserwartung. Ein Sprecher der Cleveland-Klinik teilte der dpa dazu per Mail mit: «Jüngste Behauptungen, dass der Covid-19-Impfstoff zu Herzmuskelentzündungen und Massensterben führt, sind falsch und entbehren jeder wissenschaftlichen Grundlage. Die Forschung hat gezeigt, dass die Ansteckung mit dem COVID-19-Virus ein größerer Risikofaktor für herzbezogene Komplikationen, einschließlich Myokarditis, ist als der Impfstoff.»
Auf der Webseite der Cleveland Clinic heißt es: «Etwa 50 bis 80 Prozent der Menschen mit viraler Myokarditis überleben fünf Jahre oder länger nach der Diagnose. Viele, vor allem jüngere Menschen, erholen sich vollständig und führen ein gesundes, aktives Leben.»
Damit korrigierte die Klinik eine frühere Formulierung («Die Überlebensrate bei Myokarditis beträgt 80 Prozent ein Jahr nach der Erkrankung und 50 Prozent fünf Jahre später»), die bei der auf Verschwörungstheorien spezialisierten Webseite Slaynews zu der Behauptung geführt hatte, Millionen Covid-Geimpfte würden innerhalb von fünf Jahren sterben.
Robert Koch-Institut empfiehlt Impfung für Schwangere
Auch die in dem Online-Artikel von 2023 wiedergegebenen Behauptungen der gegen Impfungen kämpfenden Aktivistin Naomi Wolf, 80 Prozent der schwangeren Frauen hätten nach der Impfung ihre Kinder verloren, sind falsch. Es gibt dafür keinerlei Belege. Diese Passage fehlt in der neuen Version des Artikels von 2025.
Das Robert Koch-Institut (RKI) hatte im September 2024 noch einmal auf eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission hingewiesen, wonach die Impfung mit mRNA-Impfstoffen auch für Schwangere unbedenklich ist. Auch die Behauptung, es gebe durch die Impfung Gefahren für die Fruchtbarkeit, sei falsch, betont das RKI.
(Stand: 23.7.2025)