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Für dieses Foto einer Selenskyj-Karikatur gibt es keine Belege

Für dieses Foto einer Selenskyj-Karikatur gibt es keine Belege - Featured image

Author(s): Saladin SALEM, AFP Deutschland

Seit Anfang November 2022 verbreiten sich online gefälschte Fotos aus verschiedenen Städten auf der ganzen Welt, die vermeintliche Street-Art-Karikaturen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zeigen. Ein im Februar 2023 erschienenes Bild soll eine Karikatur auf einer Straße in Brüssel zeigen. Tatsächlich handelt es sich bei dem Aufnahmeort des Bildes aber um das französische Saint-Mandé am Rand von Paris. Von AFP befragte Angestellte in der Nähe konnten nicht bestätigen, dass die Karikatur tatsächlich anzufinden gewesen sei.

Das Bild der Selenskyj-Karikatur verbreitete sich auf Facebook und Twitter. Ähnliche Beiträge finden sich zudem auf Russisch, Rumänisch, Spanisch und Englisch. Die Karikatur wurde ebenfalls vom russischen TV-Moderator Wladimir Solowjow geteilt, der als einer der schärfsten Kreml-Propagandisten in den russischen Medien gilt.

Die Behauptung: User teilen online ein Foto einer Selenskyj-Karikatur auf dem Asphalt eines Fußgängerweges. Zu sehen ist, wie der ukrainische Präsident mehrere Panzer verschlingt. Als Titel der Zeichnung wird dazu “Last supper of a black hole” genannt, das letzte Abendmahl eines schwarzen Lochs. Ein Nutzer schreibt: “Polnische Zeichnergruppe typicaloptical haben Selenskyj nun in Brüssel gemalt:”

Facebook-Screenshot der Behauptung: 16. Februar 2023

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine immer wieder zum Ziel von Falschinformationen. AFP überprüfte in diesem Zusammenhang bereits dieses gefälschte Cover des “Money”-Magazins oder diesen gefälschten “Stern”-Titel, die sich alle auf Selenskyj beziehen. Faktenchecks zum Krieg in der Ukraine sammelt AFP hier.

Auch die Behauptungen zu ähnlichen Selenskyj-Karikaturen desselben Instagram-Accounts sind nicht neu und wurden bereits in der Vergangenheit von AFP widerlegt. So verbreiteten sich entsprechende Fotos von angeblichen Zeichnungen in Berlin, New York und Paris. Nach AFP-Recherchen gibt es aber keine Beweise dafür, dass diese Anti-Selenskyj-Zeichnungen jemals an den Orten existiert haben, an denen sie angeblich fotografiert wurden.

Einige der Fotos zeigen nicht einmal die Städte, in denen sie aufgenommen worden sein sollen. Vielmehr hat es den Anschein, dass die Postings Fotomontagen verbreiten, um eine Anti-Selenskyj-Botschaft zu verbreiten. Der unabhängige Sicherheitsforscher Lukasz Olejnik erklärte dazu bereits am 19. Januar 2023 gegenüber AFP, dass es sich um einen “Versuch der Ablenkung” handele.

Da die internationale Unterstützung der Ukraine zu einem wesentlichen Faktor des Krieges geworden ist, “ist der Schlüssel zur westlichen Unterstützung der Rückhalt in der Bevölkerung”, sagte Olejnik. Eine solche Veröffentlichung könne daher der Versuch sein, “die westlichen Gesellschaften gegen diese Unterstützung aufzuwiegeln”, sagte Olejnik.

Foto stammt nicht aus Brüssel

Auch das aktuell geteilte Bild einer Selenskyj-Karikatur gehört zu dieser Reihe diffamierender Bilder. Das Bild erschien zuerst am 5. Februar 2023 auf dem Instagram-Kanal einer Künstlergruppe namens “Typicaloptical” sowie einem dazu verlinkten Telegram-Kanal mit dem gleichen Namen, wo auch schon frühere Malereien erschienen. Die Gruppe gibt an, aus Polen zu stammen.

Screenshot des Instagram-Profils von “Typicaloptical”: 16. Februar 2023

Das Foto ist auf dem Instagram-Kanal der Künstlergruppe in neun Kacheln unterteilt. In den einzelnen Fotos wird Brüssel als Aufnahmeort gekennzeichnet. Zudem werden die Hashtags “Zelenskiyblackhole” und “Ukraineblackhole” verwendet, eine Anspielung auf die Zeichnung, die zeigt, wie Selenskyj mehrere Panzer verschlingt. Mehrere Staaten hatten sich Ende Januar 2023 bereit erklärt, der Ukraine Kampfpanzer zu liefern.

Eine umgekehrte Bildsuche nach dem Foto zeigt bereits schnell, dass das Foto nicht aus der belgischen Hauptstadt stammt, sondern aus dem französischen Ort Saint-Mandé am Rand von Paris. Darauf weist auch ein russischsprachiger Faktencheck-Artikel der Website Provereno hin.

Diese Standortangabe des Fotos lässt sich mithilfe von Geolokalisierung nachvollziehen. In dem Telegram-Beitrag von “Typicaloptical” fallen mehrere Geschäfte auf, die bei der Verortung helfen. So ist rechts im Bild die Überdachung eines Restaurants mit rot-weißen Streifen zu sehen, im hinteren Bildbereich ist ein der Schriftzug “Visions” an einem schwarzen Laden zu erkennen, dazwischen ist der Name der Jeff de Bruges, eine französische Kette von Süßwarengeschäften, zu sehen.

Ausschnitt des Telegram-Fotos von “Typicaloptical”: Markierungen hinzugefügt von AFP am 17. Februar 2023

Wie Jeff de Bruges aber auf der eigenen Website angibt, führt das Unternehmen weder in Brüssel noch in Belgien Geschäfte. Im französischen Saint-Mandé ist allerdings eine Jeff de Bruges-Filiale zu finden. Eine weitere Suche nach dem Begriff “Visions” auf Google Maps führt ebenfalls zu einem Friseursalon in der gleichen Straße. Dort befindet sich auch das Restaurant La Tourelle mit den auffälligen rot-weißen Streifen, hier zu sehen auf Google Maps:

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich auch der Ort, von dem aus das Foto geschossen wurde, direkt vor einer Filiale der Bank LCL. Mehrere Merkmale im Bild stimmen mit den Aufnahmen auf Google Maps überein, so zum Beispiel die Mauer an der Bankfiliale, eine blaue Tür, ein grauer Kasten und eine Laterne am Straßenrand, neben welcher ein schmaler Baum mit einem Holzrahmen zu sehen ist, hier im Vergleich rot gefärbt:

Bildvergleich des Telegram-Fotos (links) und Screenshot von Google Maps (rechts): 16. Februar 2023

Der Aufnahmeort befindet sich damit nur wenige Meter entfernt von dem Foto einer ähnlichen angeblichen Selenskyj-Karikatur aus Paris, das dieselbe Seite im November 2022 online verbreitete.

Menschen vor Ort wissen von nichts

Belege dafür, dass die polnische Künstlergruppe tatsächlich vor Ort war und die Karikatur anfertigte, gibt es nicht. AFP befragte am 16. Februar die Beschäftigten mehrerer Geschäfte aus der Umgebung des Fotos.

Niemand unter den Befragten, darunter Angestellte der Bankfiliale LCL, des Restaurants La Tourelle, der Jeff de Bruges-Filiale und des Visions-Friseurs, konnte bestätigen, dass die Karikatur tatsächlich in Saint-Mandé zu sehen war.

Damit reiht sich das Foto in eine Vielzahl an vergangenen Bildern ein, die ebenfalls angebliche Karikaturen von “Typicaloptical” zeigten, obwohl in der Nähe arbeitende Menschen im Nachhinein verneinten, diese gesehen zu haben.

Echtheit der Bilder fraglich

Auf dem Foto der Karikatur ist ein Mann zu sehen, der kniend neben dem Bild eine Spraydose hält, als wollte er letzte Details an der Karikatur fertigstellen. Neben ihm stehen zudem einige weitere Dosen und mehrere Stück Kreide liegen auf dem Boden.

Der polnische Street-Artist Lukasz Polak von “Donut Studio” erklärte zu ähnlichen Bildern von “Typicaloptical” bereits am 16. Januar 2023 gegenüber AFP: “Ich glaube nicht, dass es möglich ist, die Details, die wir in diesem Bild sehen, mit einer Sprühdose zu erzeugen, die normalerweise zum Malen auf vertikalen Flächen verwendet wird.”

AFP suchte online auch nach anderen Aufnahmen der Malerei, wurde aber nicht fündig.

Fazit: Dieses Foto einer Selenskyj-Karikatur stammt nicht aus Brüssel. Die Umgebung zeigt Saint-Mandé bei Paris. Mitarbeitende vor Ort konnten gegenüber AFP nicht bestätigen, dass die Karikatur tatsächlich dort zu sehen war. Die Künstlergruppe “Typicaloptical” fiel in der Vergangenheit bereits mehrfach mit gefälschten Fotos von Karikaturen aus verschiedenen Ländern auf.

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Ursprünglich hier veröffentlicht.