In sozialen Netzwerken kursiert ein Video des kanadischen Psychologen und Autoren Jordan Peterson, in dem er angeblich über deutsche Regierungspolitikerinnen und -politiker herzieht. Das Video ist eine Fälschung, ein sogenannter Deepfake, der mit Hilfe künstlicher Intelligenz erstellt wurde. Das bestätigten der Urheber des Clips sowie Peterson selbst.
Die vermeintliche Aufnahme des kanadischen Psychologen und Bestsellerautors Jordan Peterson kursiert auf Facebook, Telegram und wurde tausendfach auf Twitter geteilt.
Die Behauptung: Das Video zeigt Jordan Peterson, wie er sich vermeintlich kritisch über deutsche Regierungsmitglieder äußert. Die Bundesregierung sei eine “Kakistokratie”, eine Herrschaft der Schlechtesten und “eine einzige Freakshow, ein kompletter Zirkus”, sagt Peterson angeblich. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sei eine “vollständige und absolute Blamage”. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) – “nicht die geringste ökonomische Erfahrung” – und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) – “eine merkwürdige, zombieartige Kreatur der Nacht” – erwähnt der angebliche Peterson.
Der kanadische Psychologe und ehemalige Professor der Universität Toronto Jordan Peterson hat in den vergangenen Jahren Berühmtheit als Youtuber, Podcaster und Buchautor erlangt. Sein 2018 veröffentlichtes Ratgeberbuch “12 Rules for Life” wurde mit mehr als fünf Millionen verkauften Exemplaren ein Bestseller. Kritikerinnen und Kritiker werfen Peterson vor, in Bezug auf Gender-Studies, Rollenbilder und politische Korrektheit rechte Positionen zu vertreten.
Video stammt von Satireaccount
Eine Suche auf dem Youtube-Kanal von Jordan Peterson führte AFP zum Originalvideo. Dieses wurde am 20. Februar 2023 auf der Videoplattform hochgeladen und zeigt Peterson im Gespräch mit dem russisch-britischen Satiriker und Autor Konstantin Kisin. Das Thema des knapp zweistündigen Gesprächs lautet: “Counter-Woke Revolution”.
Peterson trägt in diesem Video denselben hellbraunen Anzug und dieselbe braun gemusterte Krawatte wie in dem aktuell geteilten Clip. Auch der Hintergrund mit dem Kamin links und der Stehlampe und den Topfpflanzen rechts hinter Peterson gleicht dem in dem Video, das in sozialen Netzwerken kursiert. Die Szene aus dem manipulierten Video beginnt im Originalvideo bei Minute 6:36. Das ist deutlich erkennbar an der Handbewegung, die Peterson mit dem blauen Stift in seiner rechten Hand vollführt. Auch Details wie die Falten seiner Anzugjacke stimmen exakt überein.
In der konkreten Szene spricht Peterson in Wahrheit über “apokalyptische Moralisten”, die einen nachhaltigen Lebensstil forderten. Bei genauem Hinsehen lässt sich in dem gefälschten Video erkennen, dass Petersons vermeintliche Worte nicht immer hundertprozentig zu den Bewegungen seiner Lippen passen.
Zuerst geteilt wurde das gefälschte Video am 27. Februar 2023 auf dem Twitteraccount “Snicklink”, der sich selbst als “Verschwörungs-Komiker” (“conspiracy comedian”) beschreibt. Der Account postet regelmäßig satirische Memes, Fotomontagen und manipulierte Videos bekannter Politikerinnen und Politiker.
Zu dem Satireaccount gehört auch die Facebookseite “Snickers für Linkshänder”, die im Headerbild den Schriftzug “Deepfakes für Linksschwurbler” trägt. Eine AFP-Anfrage zu den Hintergründen des Videos ließen der oder die Betreiber des Twitter-Accounts unbeantwortet.
Peterson verurteilt Deepfake-Video
Nach der Veröffentlichung des Jordan-Peterson-Videos veröffentlichte “Snicklink” mehrere Beiträge auf Twitter, in denen der Clip als Deepfake bezeichnet wird. Am 4. März 2023 postete der Account etwa einen Screenshot einer Beschwerde auf Twitter über das ursprüngliche Video mit dem Kommentar: “Beschwerde von echtem Menschen über Inhalt von AI-generierter Stimme auf echtem Promi mit falscher Mundbewegung.” Einen Tag später, am 5. März 2023, postete “Snicklink” erneut ein Deepfake-Video von Peterson, in dem dieser auf das ursprüngliche Video reagiert, mit den Worten: “Jordan Peterson reagiert auf Deepfake von sich selbst!”
Jordan Peterson reacts to Deepfake of himself! pic.twitter.com/wYWTxObokA
— Snicklink (@snicklink)
March 5, 2023
Ein Video Jordan Petersons wurde schon einmal von dem Twitteraccount “Snicklink” verändert. Ein weiteres manipuliertes Video vom 12. Februar 2023 zeigt Peterson, wie er angeblich über den österreichischen Rapper Money Boy spricht.
Peterson selbst verurteilte das aktuell gefälschte Video am 4. März 2023 ebenfalls via Twitter. Auch wenn die Stimme nicht ganz synchron sei, erscheine das Video überzeugend, schrieb er und fügte an: “Die Produktion solcher Fälschungen sollte eine Straftat sein, die mit zehn Jahren Haft geahndet wird. Diese Technologie ist unvorstellbar gefährlich.”
There is an AI deepfake of me making derogatory comments about the German government circulating. The voice is off but it’s otherwise moderately convincing.
— Dr Jordan B Peterson (@jordanbpeterson)
March 4, 2023
Deepfakes sind manipulierte Videos, in denen die Gesichtszüge einer Person mit Hilfe künstlicher Intelligenz auf den Körper einer anderen Person gelegt werden. Mittlerweile können mit Hilfe der Technologie auch menschliche Stimmen täuschend echt imitiert werden. In manchen Fällen lassen sich Deepfakes anhand typischer Merkmale erkennen.
Das österreichische Portal “Saferinternet” hat diese Merkmale auf seiner Website zusammengestellt. So können etwa unnatürliche Mimik oder ein leerer Blick auf eine Fälschung hindeuten. Oft ist der Übergang zwischen Gesicht und Haaren oder Gesicht und Bart bei Deepfakes unscharf. Im Fall des Peterson-Videos lässt sich erkennen, dass sich dessen Falten um die Mundwinkel trotz der Lippenbewegungen nicht bewegen, was auf eine Fälschung hindeutet.
In der Vergangenheit haben Deepfakes des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama und des Schauspielers Tom Cruise große Aufmerksamkeit im Netz erregt.
Fazit: Das Video, in dem Jordan Peterson die deutsche Bundesregierung kritisiert, ist eine Fälschung. Das Originalvideo auf Youtube zeigt ein Gespräch zwischen Peterson und einem Satiriker. Der Urheber des manipulierten Videos bezeichnete es selbst als Deepfake. Peterson selbst verurteilte die Fälschung auf Twitter.